Tasse für Tasse ein Geschmackserlebnis

Carolin Töllner ist vermutlich Mecklenburg-Vorpommerns erste Chef-Diplom-Kaffee-Sommeliére. Die Neustrelitzer Röstmeisterin eröffnet in wenigen Wochen im Alten Kornspeicher am Hafen ihre eigene Rösterei mit dem klangvollen Namen „Bohn´ aparte“. Schon jetzt kann man ihren frisch gerösteten Kaffee kaufen und trinken. Zum Beispiel im „Hafencafe’im Speicher“ der Eltern und im Neustrelitzer Edeka Markt.

Chef-Diplom-Kaffee-Sommeliére Carolin Töllner ist eine beeindruckende Persönlichkeit: Die junge Frau arbeitet weit mehr als 60 Stunden in der Woche. Ihr Mann, der in einer KfZ Firma als Angestellter arbeitet, kümmert sich hauptsächlich um die kleine Tochter und den Haushalt. Ohne eine gut funktionierende Familie, die hinter einem steht und den Rücken frei hält, geht sowas nicht, sagt die junge Unternehmerin.

„Schön laut schlürfen! Den Löffel danach in diesem Wasserglas abspülen, sonst schmecken Sie den nächsten Kaffee nicht richtig.“, mahnt Carolin Töllner und stellt die dritte Tasse mit heißem Kaffee auf den Tresen. Acht Sorten hat die junge Frau im Angebot. „Alles edelster Hochlandkaffee und nur beste 100% Arabicabohnen“, erzählt sie stolz.

Carolin Töllner hat sich im Mai 2013, nach ihrer Ausbildung zur Chef-Diplom-Kaffee-Sommeliére, selbstständig gemacht. Geplant war das nicht. Carolin Töllner ist gelernte Krankenschwester, wurde aber 2008 so krank, dass sie berufsunfähig wurde. So hieß es also umdenken und das Leben neu planen. Sie qualifizierte sich im Betriebsmanagement. Kurz darauf entstand die Idee, eine eigene Kaffeerösterei zu eröffnen – das war 2011, als sie im Cafe´ der Eltern mitarbeitete.

Noch röstet Carolin Töllner den Kaffee im Haus der Eltern. Dort ist genug Platz für die Röstmaschine, die im März umzieht in den Alten Kornspeicher am Zierker See in Neustrelitz. Zusammen mit ihrer Familie und einem weiteren Unternehmer aus Neustrelitz wurde der Alte „Buttelspeicher“ gekauft. Im April 2014 sollen sich die Türen für das Restaurant „Wildwasser“, für das Hotel und die Rösterei „Bon aparte“ öffnen.

„Klar bin ich aufgeregt!“ sagt die blonde schlanke Frau laut lachend und fügt keck hinzu: „Ich bin ständig am Überlegen, was ich anziehen soll!“ Das meint sie ernst. „Fachlich bin ich fit. Ich weiß was ich tue“, sagt Carolin Töllner und bereitet am Automaten die vierte Tasse Kaffee zum Probieren zu.

„Na, was riechen Sie?“, fragt sie und hakt nach: „Riechen Sie die zarte Säure?“ Ihr Tipp: „Der ungesüßte Kaffee sollte bei einer Verkostung in drei Phasen probiert werden: warm, lauwarm und kalt. Nur kurz probieren und dann Pausen einlegen und nicht den ersten Kontakt mit der Zunge beurteilen, sondern den Abgang.“

Gelernt hat die fast 30-Jährige all ihr Wissen über Kaffee im Wiener Institut für Kaffee-Experten, bei Professor L.Eddelbauer. „2011 habe ich dort den Grundkurs gemacht. Da lernt man, was Kaffee ist, wo er herkommt, welche Unterschiede es gibt und wie man ihn verkostet. Danach war ich Kaffee-Experte.“

Im zweiten Lehrgang wurde der jungen Frau nicht nur das Rösten der braunen Bohnen beigebracht, sondern alles Wichtige über Herkunft, Anbauländer, sowie Kaffeezubereitungsarten und Kaffeerezepte. Die einwöchige Ausbildung beendete sie mit dem Titel Kaffee-Sommeliére. Nach der dritten, aus ihrer Sicht auch harten Prüfung, erhielt sie die Urkunde, auf der ihr nun der Chef-Diplom-Kaffee-Sommeliér bescheinigt wird.

Durch die Ausbildung in Wien hat Carolin Töllner viele unbezahlbare Kontakte in die Kaffeewelt gewonnen. Das war beispielsweise sehr hilfreich, als sie sich eine Röstmaschine kaufen wollte. Im Wiener Institut wurden ihr Tipps für die Auswahl einer Röstmaschine gegeben und Kontakte zu Herstellern vermittelt. „Ich bin mit meinem Vater schließlich zu einem Anbieter in die Niederlande geflogen. Wir haben uns die Maschinen angeguckt, die Funktionsweisen und Unterschiede vor Ort erklären lassen.“ Dieser direkte Kontakt war Carolin Töllner wichtig. „Ich bekam gleich fundamentiertes Wissen dazu. Im Katalog gibt es das nicht.“

„Immer schön schlürfen“, fordert Carolin Töllner bei der Verkostung auf. „Dann schmeckt man die Aromen am besten.“
von links: Redakteurin Grit Gehlen, Jungunternehmerin Carolin Töllner und ihre Mutter.

Für die Existenzgründung waren erhebliche Investitionen wie z.B. Röstmaschine, Kaffeeschütten, Mühlen und Inventar sowie bauliche Maßnahmen nötig. Die Kredite hätten wir ohne unseren Unternehmensberater vielleicht gar nicht bekommen“, sagt Carolin Töllner. Er half beim Kreditantrag und bei den Verhandlungen mit der Bank, schrieb Konzepte und stellte Kontakte her. Bezahlt wurde der Unternehmensberater größtenteils aus dem Förderprogramm Gründercoaching Deutschland. Und auch ihrem Vater ist die Jungunternehmerin sehr dankbar. Die Bank forderte, dass der Vater, der seit vielen Jahren sehr erfolgreich selbstständig ist, als stiller Gesellschafter in die GmbH der Kinder einsteigt – sozusagen als Sicherheit. Der Vater war sofort bereit.

Vier bis sechs Tonnen frisch gerösteten Kaffee will Carolin Töllner künftig jährlich verkaufen.„In meine Röstmaschine passen sechs Kilo Kaffeebohnen.“ Bei der Verarbeitung setzt Röstmeisterin Carolin Töllner auf schonende und aufwändige Langzeitröstung bei niedrigen Temperaturen von maximal 220 Grad. Das garantiere ein unvergleichliches Aroma und vollen Geschmack. Insbesondere in den letzten Minuten vor Röstende muss sie die Augen und ihre Nase ständig an der Röstmaschine haben. „Manchmal sind nur wenige Sekunden entscheidend und die Bohnen verbrennen.“, sagt die Röstmeisterin. Dann muss der frisch geröstete Kaffee ca. 24 Stunden auskühlen, da noch Röstgase entstehen.

Während der Kaffeeverkostung im Café der Eltern kommen und gehen ständig Gäste. Einige beobachten interessiert was da hinter dem Tresen passiert. Das hat Carolin Töllner schon öfter erlebt und will deswegen auch Kaffeeverkostungen und Showrösten in ihrer Rösterei anbieten. Aber sie hat auch die Hotels und Gaststätten in der Region im Blick, die sie gern beliefern würde. „Das Hotelpersonal könnte man schulen, so dass sie ihren Gästen etwas über den Kaffee, die Herstellung und den Geschmack erzählen können. So was kommt an.“, glaubt Carolin Töllner.

Da in Neustrelitz am Stadthafen im Sommer auch viele Touristen unterwegs sind, soll demnächst noch ein Online-Shop eröffnet werden. „Dann können auch Gäste aus Berlin oder München, die hier im Urlaub bei mir Kaffee getrunken haben, die Kaffeebohnen nachbestellen und zu Hause genießen.“

Doch noch wichtiger ist Carolin Töllner derzeit etwas ganz anderes: „Mein größter Traum ist es, das Qualitätssiegel vom Wiener Institut für Kaffee-Experten zu bekommen. Dann wissen die Leute, dass ich nicht nur reden und erklären kann.“

Grit Gehlen

Quelle: http://www.gruender-mv.de